Vor einem Jahr geriet der Energiemarkt aus den Fugen: Grund dafür war der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Als Reaktion auf die europäischen Sanktionen drosselte Russland – bis vergangenes Jahr wichtigster Erdgaslieferant für Deutschland – seine Erdgaslieferungen drastisch. Seit nunmehr einem Jahr erreicht Deutschland kein russisches Erdgas mehr. Die Märkte reagierten prompt: Die Preise für Gas erreichten im Sommer 2022 nie dagewesene Höchststände und sie rissen den Strompreis mit sich, der stark von den Erzeugungskosten der Gaskraftwerke beeinflusst wird: Im August des vergangenen Jahres war Gas im Einkauf rund zehnmal so teuer wie noch im Vorjahr – für Strom mussten Energieversorger etwa fünfmal mehr bezahlen.
Stadtwerke-Kunden sparten 700 Euro
Vor allem die Energie-Discounter, die Energie kurzfristig einkaufen, haben zum Nachteil ihrer Kunden sofort reagiert: Teilweise setzten sie ihre Kunden vor die Tür. Wem nicht gekündigt wurde, der war in jedem Fall mit drastisch höheren Preisen konfrontiert. Die Stadtwerke Bayreuth konnten im Gegensatz dazu die Preise für ihre Kunden lange Zeit sehr günstig halten. Der Grund: Das Unternehmen kauft Energie über einen längeren Zeitraum im Vorhinein aus. Energie, die damals geliefert wurde, hatte das Unternehmen größtenteils in den deutlich günstigeren Vorjahren gekauft. „Bis in den Herbst hinein haben unsere Kunden stark von unserer Beschaffungsstrategie profitiert“, erklärt Jürgen Bayer, Geschäftsführer der Stadtwerke Bayreuth. Gegenüber den bundesweiten Durchschnittspreisen, die der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ermittelt hat, haben sich durchschnittliche Kunden, die Strom und Gas von den Stadtwerken beziehen, im Zeitraum von Januar bis Oktober 2022 gut 700 Euro gespart. Gegenüber den deutlich teureren Energie-Discountern fiel die Ersparnis sogar noch höher aus.
Verlässlicher Partner während der Energiekrise
„Dieser Vorteil galt natürlich auch für jene, die von ihrem Anbieter gekündigt wurden und zu uns gewechselt sind, oder die schlicht wegen der günstigeren Preise zu uns gewechselt sind“, sagt Bayer. „In der Grundversorgung hat in unserem Netzgebiet ohnehin jeder einen Anspruch darauf, wir haben aber auch unsere Tarife innerhalb unseres Netzgebietes nie für Neukunden geschlossen – im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen. Das war eine bewusste Entscheidung, weil wir auch in schwierigen Zeiten ein verlässlicher Partner sind und an der Seite unserer Kunden stehen.“ Und das, obwohl Strom und Gas für jene Neukunden kurzfristig eingekauft werden musste – zu extrem teuren Preisen.
Preise werden im vierten Quartal sinken
Heute stellt sich die Situation vollkommen anders dar: Langfristig einkaufende Energieversorger wie die Stadtwerke Bayreuth mussten auch im Krisenjahr 2022 Energie für ihre Kunden einkaufen, was die Endkundenpreise mittlerweile hat steigen lassen. Gleichzeitig hat sich die Situation an den Energiemärkten beruhigt. „Auch wenn die Preise noch immer deutlich über dem Vorkrisen-Niveau liegen“, betont Bayer. „Deswegen kommen die Energie-Discounter wieder aus der Deckung hervorgekrochen. Sie kaufen kurzfristig ein und können daher günstige Preise anbieten.“ Anders die Stadtwerke Bayreuth. „Seit März schlägt die Energiekrise voll auf unsere Preise durch und wir können im Moment nichts daran ändern. Selbstverständlich kaufen auch wir im Moment zu günstigeren Konditionen ein – wir können diesen Vorteil aber nur zeitverzögert an unsere Kunden weitergeben. Wir überprüfen unsere Preise allerdings permanent und werden sie deutlich senken, sobald es möglich ist. Derzeit gehen wir davon aus, dass es im vierten Quartal dieses Jahres so weit sein wird.“
Preisbremsen helfen derzeit
Es sei ihm vollkommen klar, dass sich viele Kunden schon heute günstigere Preise wünschen. „Energie im Besonderen, aber auch vieles andere ist deutlich teurer geworden. Da ist es doch klar, dass man sich Entlastungen wünscht. Uns bleibt aber nur zu erklären, wieso die Dinge so sind wie sie sind. Sobald wir können, senken wir unsere Preise. Bis dahin können wir Energie nicht billiger verkaufen, als wir sie eingekauft haben.“ Bis die Preissenkung kommt, würden zumindest die staatlichen Preisbremsen dabei helfen, dass Strom und Gas erschwinglich ist.
Vorgehen der Discounter habe ein "Geschmäckle"
Die Stadtwerke Bayreuth bitten ihre Kunden daher um noch etwas Geduld. „Im vergangenen Jahr waren wir viele Monate lang die günstigsten am Markt. Die Vergleichsportale waren wie leergefegt – und faktisch waren wir für jene, die von Energie-Discountern gekündigt wurden, die einzige bezahlbare Alternative“, sagt Jürgen Bayer. Dass nun eben jene Discounter dank gesunkener Großhandelspreise mit vollmundigen Versprechungen auf Kundenfang gehen, habe in seinen Augen „moralisch mindestens ein Geschmäckle“. Er hoffe, dass die Kunden der Stadtwerke ein Langzeitgedächtnis haben und sich daran erinnern, wer in Krisenzeiten an ihrer Seite stand „und wer sich aus dem Staub gemacht hat“.