„Das war ein dickes Brett“, gibt Jürgen Bayer, Geschäftsführer der Stadtwerke Bayreuth, unumwunden zu. Er meint damit die Weichenstellung für den Bayreuther Stadtbusverkehrs der Zukunft. Denn klar ist: Die Busse sollen in Zukunft vor Ort keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Damit würden gegenüber heute jedes Jahr rund 2.000 Tonnen CO2 vermieden. Möglich machen das E-Busse und Wasserstoffbusse. „Welches von beidem allerdings die für unsere Fahrgäste und unser Unternehmen beste Technologie ist, haben wir gemeinsam mit renommierten Experten in den vergangenen Monaten im Rahmen einer Machbarkeitsstudie erarbeitet.“
Das Ergebnis der Studie, die zur Hälfte vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert wurde: Die Stadtwerke Bayreuth setzen künftig auf eine Wasserstoff-Offensive, weil die Reichweite von E-Bussen für den Einsatz in Bayreuth nicht ausreichend sei und sie wegen des hohen Gewichts der Akkus weniger Fahrgäste befördern können als Wasserstoff-betriebene Busse. „Diese Erkenntnisse haben sich auch in unseren Tests unter Realbedingungen bestätigt. Insgesamt betrachtet, müssten wir mehr Busse kaufen und mehr Personal beschäftigen, weswegen Wasserstoff für uns der bessere Weg ist“, erklärt Bayer.
Stadtwerke wollen Wasserstoff selbst herstellen
Auch weil das Unternehmen größer denkt und nicht nur die Busse selbst in den Fokus nimmt. Vielmehr möchten die Stadtwerke Bayreuth den Wasserstoff auf dem Betriebsgelände in der Eduard-Bayerlein-Straße selbst herstellen. „Wir planen derzeit einen Elektrolyseur mit einer Leistung von voraussichtlich 5 Megawatt, der – und das ist uns ganz wichtig – grünen Wasserstoff mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien herstellen wird. Unter anderem soll er von einer großen Photovoltaikanlage gespeist werden, die wir derzeit planen und die eine Spitzenleistung von 17 Megawatt erzielt. Damit fügen wir unserem Energiesystem einen Baustein hinzu, das lange gefehlt hat. Nämlich, dass wir Strom aus erneuerbaren Energien endlich speichern können und somit Windräder und PV-Anlagen nicht mehr abgeschaltet werden müssen, wenn Haushalte und Industrie den grünen Strom an sonnigen und windreichen Tagen nicht mehr abnehmen können.“
Regionale Kreislaufwirtschaft
Da bei der Wasserstoffherstellung viel Wärme entsteht, ist es das Ziel der Stadtwerke, auch diese zu nutzen. Sie ist daher ein wesentlicher Bestandteil der Planungen für den Neubau der Firmenzentrale, die ebenfalls auf dem Gelände der Eduard-Bayerlein-Straße entstehen wird. „Die Wärme der Wasserstoffherstellung werden wir natürlich für die Beheizung unserer neuen Gebäude nutzen, was die Effizienz des Elektrolyseurs weiter nach oben schraubt.“ Und auch ein weiteres Produkt der Wasserstoffherstellung könnte in der Region genutzt werden, sagt Jürgen Bayer. „Durch den Prozess der Elektrolyse entsteht zudem Sauerstoff, den wir Kläranlagen in der Region anbieten können, die diesen in ihrer Abwasseraufbereitung nutzen könnten.“
Bayer spricht daher von „regionaler Kreislaufwirtschaft“, die das Projekt in dieser Form einzigartig mache. „Der Strom für den grünen Wasserstoff stammt von hier und hier nutzen wir auch sämtliche Produkte der Elektrolyse – damit bleibt die Wertschöpfung komplett in Bayreuth und Umgebung.“ Zudem betont er, dass es sich um kein Projekt handle, das nur auf dem Papier hübsch aussehe. „Uns ging es von vornherein darum, ins Machen zu kommen. Schöne Pläne, erdacht im Elfenbeinturm, helfen weder uns noch Bayreuth, weswegen es möglichst zügig losgehen soll.“
Klimaneutral bis 2038
Perspektivisch sollen rund 65 Busse der Stadtwerke Bayreuth und deren Partnerunternehmen auf emissionsfreie Antriebe umgestellt werden – allein die Stadtwerke Bayreuth planen, bis 2030 25 neue Wasserstoffbusse zu kaufen. Im Jahr 2038 soll die Umstellung der Stadtwerke-Flotte abgeschlossen sein. Die notwendigen Investitionen für Busse der Stadtwerke, Elektrolyseur, Wasserstofftankstelle sowie die Umrüstung der Werkstatt auf die neue Technologie setzen die Stadtwerke bis zum Jahr 2038 mit einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag an. „Das ist viel Geld, vor allem wenn man sieht, dass wir als Stadtwerke gerade in den Bereichen Erneuerbare Energien, Fernwärme und Stromnetz in den kommenden Jahren einen enormen Investitionsbedarf haben“, betont Bayer. Gelingen könne die Wasserstoff-Offensive für Bayreuth daher nur, wenn sowohl der Bund als auch der Freistaat Bayern den Wasserstoff-Hochlauf unterstützen.
Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger würdigt den Elan der Stadtwerke Bayreuth: „Wasserstoff im ÖPNV lohnt sich. Das zeigt die Studie der Stadtwerke Bayreuth. Und ich freue mich, dass Bayreuth dieses Potenzial nun nutzen will. Von der Erzeugung bis zur Betankung eigener Wasserstoffbusse entsteht hier ein Wasserstoffkreislauf mit Vorbildcharakter.“
25 Wasserstoffbusse in den kommenden sieben Jahren
Von den Plänen überzeugt zeigt sich auch Oberbürgermeister Thomas Ebersberger, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke ist: „Wir wollen in Bayreuth bis 2040 klimaneutral sein. Hierfür haben wir ein integriertes Klimaschutzkonzept erarbeitet, in dem natürlich auch der Bereich Mobilität eine wichtige Rolle spielt. Wenn unser Stadtbusverkehr 2038 emissionsfrei ist, ist das ein wichtiger Baustein für unsere Klimaschutzziele. 15 Jahre sind zwar eine lange Zeit, man darf aber nicht vergessen, dass die Stadtwerke im Rahmen ihrer Wasserstoff-Offensive bereits in den nächsten sieben Jahren einen Großteil ihrer Flotte, genau genommen 25 Busse, auf Wasserstoff umstellen werden – der erste Bus soll im Jahr 2025 bestellt werden. Das heißt: Bereits im Jahr 2030 verringern wir die Emissionen der Stadtbusse um die Hälfte.“