Im Halbdunkel eilt Mario Schmitt durch die Gänge der Lohengrin Therme. Überall sieht er nach, ob alles in Ordnung ist. Badegäste hat die Therme seit bald vier Monaten keine mehr gesehen. Kassen und Umkleidekabinen sind menschenleer. Der stellvertretende Leiter der Therme und gleichzeitig Chef des Techniker-Teams betritt die große Badehalle, läuft zu einem der Becken und taucht die Fingerspitzen ins Thermalwasser – wenigstens ein bisschen Normalität genießen. Manchmal sei der Anblick gespenstisch, murmelt er und setzt seinen Rundgang fort.
Seltsam fühle sich die Situation für ihn und seine Techniker-Kollegen an. Im Gegensatz zu den anderen Mitarbeitern der Lohengrin Therme sind sie nicht in Kurzarbeit. „Das liegt ganz einfach daran, dass wir genug zu tun haben, weil die Therme nicht stillsteht, sondern auf Sparflamme läuft“, betont Mario Schmitt. Wo es geht, habe man an den Stellschrauben gedreht, um die laufenden Kosten zu drücken. „Wir stoßen aber leider schnell an Grenzen“, erklärt er. „Wir können die Heizung und die Lüftungsanlage des Gebäudes nicht komplett abstellen, weil wir vor allem in den kalten Wintermonaten mit Schäden rechnen müssten.“ Dort, wo sonst Badegäste Erholung suchen, würden sich Schimmelflecken breit machen. Auch das Wasser in den Becken muss die Technik der Therme weiter beheizen. „Wir haben die Temperatur auf etwa 22 Grad abgesenkt, im Normalfall liegen wir bei 34 Grad. Experten raten nicht weiter nach unten zu gehen, weil sonst das Betonbecken und die Fliesen durch den Temperaturabfall beschädigt werden könnten.“
Sparen, wo es geht
Ebenfalls keine gute Idee: Das Wasser ganz abzulassen. Becken und Fliesen kommen mit Druckunterschieden nicht gut klar. „Für uns wäre die Gefahr hoher Sanierungskosten einfach zu groß. Außerdem müssten wir die Becken und die Aufbereitungstechnik erst aufwendig desinfizieren, bevor wir in Betrieb gehen könnten.“ Die letzte Sparmöglichkeit ist die Wasseraufbereitung der Lohengrin Therme: Über 800.000 Liter Thermalwasser befördern Pumpen normalerweise jede Stunde durch große Rohrleitungen in den Keller der Therme und wieder zurück in die Becken. „Wir haben die Leistung der Anlage um die Hälfte reduziert. Ganz ausschalten können wir sie nicht, weil das Wasser durch die Wärme sonst verkeimen würde.“
Schneeräumen trotz Lockdown
Für Mario Schmitt und sein Team bedeutet das jede Menge Arbeit: „Weil die Technik läuft, geht auch jeden Tag etwas kaputt, das wir reparieren müssen. Unsere Arbeit geht eigentlich normal weiter.“ Pumpen müssen überholt werden, Chemikalien aufgefüllt und Lager der Lüftungsanlage müssen getauscht werden. „Auch wenn aktuell leider keine Besucher kommen dürfen, haben wir die Verkehrssicherungspflicht für unseren großen Parkplatz und die Wege zur und um die Therme. In den vergangenen Wochen mussten wir also mehr als einmal Schnee räumen.“
Jürgen Bayer: "Wirtschaftliche Lage einziges Desaster"
Hohe laufende Kosten bei keinerlei Einnahmen; ein Alptraum für jedes Unternehmen. „Diepolitische Entscheidung für den Lockdown war notwendig und richtig, zeitgleich ist die wirtschaftliche Lage unserer Bäder ein einziges Desaster“, betont Jürgen Bayer, Geschäftsführer der Stadtwerke Bayreuth, die neben der Lohengrin Therme auch fürs Stadtbad, das Kreuzsteinbad und das Freiluftbad in der Bürgerreuth zuständig sind. Allein im vergangenen Jahr konnte die Lohengrin Therme wegen der Pandemie nur ein halbes Jahr öffnen. „Und die Zeit, in der wir Badegäste begrüßen durften, hat dank eines strengen Hygienekonzepts zwar gut geklappt, aber für deutlich geringere Besucherzahlen gesorgt.“ Er rechne mit einem schlechten Jahresergebnis 2020 im Bäderbereich. „Wir werden hier ein deutlich höheres Defizit sehen, das wir durch unsere Energie- und Wassersparte auffangen müssen. Übrigens ebenso wie die roten Zahlen, die unser Stadtbusverkehr schreibt“, betont Bayer. Besonders belastend für die Stadtwerke Bayreuth: Im Gegensatz zum ÖPNV sei für die Bäder der Stadtwerke Bayreuth noch kein Cent an öffentlicher Unterstützung geflossen. „Wären die Bäder unser einziges Geschäftsfeld, wüsste ich nicht, wie wir sie nach dem Lockdown wieder öffnen könnten.“
Stadtwerke ziehen Technik-Check vor
Zumindest technisch gesehen ist die Lohengrin Therme für das Ende des Lockdowns gerüstet. „Wir sorgen dafür, dass wir zügig startklar sind“, unterstreicht Mario Schmitt. „Und sollten wir öffnen dürfen, wollen wir nicht gleich wieder für Revisionsarbeiten schließen.“ Deshalb ziehen er und sein Team den jährlichen Technik-Check vor. Normalerweise muss im Juni der Badebetrieb für eine Woche ruhen: Das Bad wird auf links gedreht – quasi der große Kundendienst für die Therme. Der größte Brocken ist dieses Jahr eine Filtersanierung. „Das Filtermaterial, unter anderem Sand und Aktivkohle und die Filterkerzen, müsse regelmäßig getauscht werden.“ Keine Kleinigkeit, immerhin müssen Tonnen bewegt werden. Gebucht hat Schmitt den ersten freien Termin bei einer Spezialfirma. Ende Februar wird sie mit schwerem Gerät anrücken – wenn das Wetter mitspielt. „Die brauchen ein großes Spezialfahrzeug, das mithilfe von Wasser den Sand und die Aktivkohle herauspumpt. Das geht leider nicht bei Minustemperaturen. Wir hoffen alle, dass das funktioniert, damit die Lohengrin Therme schon bald aus ihrem Dornröschenschlaf wachgeküsst werden kann. “